Schriftgröße:
Farbkontrast:
DeinRatzählt Marion Schmelter

„Nicht über Inklusion reden, sondern Inklusion leben!“

Tag Archive: Behindertenbeauftragte

  1. „Nicht über Inklusion reden, sondern Inklusion leben!“

    Kommentare deaktiviert für „Nicht über Inklusion reden, sondern Inklusion leben!“

    Dieses Interview erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Münster geführt.

    „Wenn ich das Wort ‚Ehrenamt‘ mal wörtlich nehme, dann ist es eine Ehre dieses Amt auszuüben. Und das ist es auch für mich, weil ich sehr viel von den Menschen zurückbekomme“, sagt Marion Schmelter, die sich seit sieben Jahren als Inklusionsbeauftragte der Stadt Ennigerloh engagiert und nun ihr Amt aus Altersgründen aufgibt.

    Wie sind Sie zu ihrem Ehrenamt gekommen?

    Ich habe damals mitbekommen, dass die Stadt Ennigerloh jemanden suchte, der sich für die Menschen mit Behinderungen bei uns im Ort einsetzt. Ich habe mich dafür beworben, denn Inklusion liegt mir am Herzen. Es war und ist eine ehrenamtliche Aufgabe. In vielen Städten und Gemeinden wird für diese Aufgabe leider kein Geld zur Verfügung gestellt und so ist Inklusion oft nur über das Ehrenamt umzusetzen. Für mich war die Aufgabe in Ennigerloh als Ehrenamt in Ordnung.  Ich wünsche mir aber, dass Inklusion als bezahlte Stelle in jeder Stadt und Gemeinde eingerichtet wird.

    Welche Voraussetzungen waren für ihr Ehrenamt wichtig?

    Die Stadt hat eine Satzung entwickelt, welche die Aufgaben der/des Inklusionsbeauftragten festlegt. Diese Satzung legt beispielsweise fest, dass alle Abteilungen der Stadtverwaltung mir zuarbeiten. Zudem ist dort festgeschrieben, dass ich an drei Ausschüssen, dem Bäder/Eigenbetriebe-, Stadtplanungs- und Sozialausschuss teilnehme. In diesen Ausschüssen habe ich ein Melderecht, aber kein Stimmrecht. Ich finde die Satzung ist eine wichtige Voraussetzung für mein Ehrenamt gewesen, da ich so in keine politischen Konflikte geraten bin und meine Aufgaben und Rechte transparent für alle sind.

    So ist es eine Aufgabe des/der Inklusionsbeauftragten, den Arbeitskreis Inklusion der Stadt, in dem Vertreter der Parteien, Vereinen, Institutionen und natürlich Menschen mit Behinderungen sind, zu leiten. Getreu dem Motto: „Nicht über uns, sondern mit uns!“

    Wie haben sie den Kontakt mit den Bürger*innen gehalten?

    Ich habe einmal monatlich eine Bürgersprechstunde im Rathaus angeboten, die sehr gut angenommen wurde. Verschiedenste Menschen aus Ennigerloh kamen zu den Sprechstunden und berichteten mir von ihren Anliegen. Diese waren ein bunter Mix, sodass es nie langweilig wurde. So unterstützte ich einige Bürger*innen beispielsweise bei der Beantragung des Schwerbehindertenausweises, für Andere regelte ich Probleme mit den Krankenkassen, Behörden und weiteren Stellen. Aber ich war auch eine Art „Kummerkasten“ für manche Menschen, für die es sehr wichtig war, dass mal jemand zuhört. Hinweise zu nicht barrierefreien Gehwegen oder Bushaltestellen und viele andere Anliegen nahm ich sehr ernst und versuchte Lösungen zu finden. Darüber sprach ich dann mit den verschiedensten Stellen, wie mit dem Ordnungsamt, Institutionen oder Politikern. Aber auch mit E-Mails und telefonisch konnten die Bürger*innen mit mir Kontakt aufnehmen.

    Was hat Sie dazu motiviert, immer weiter zu machen?

    Die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Menschen war für mich eine große Bereicherung. Das Thema Inklusion wurde von den Politiker*innen und der Stadtverwaltung sehr ernst genommen, das hat mich immer wieder motiviert in den letzten sieben Jahren. Viele Aktionen und Veranstaltungen, die ich organisiert habe, haben gezeigt wie „einfach“ Inklusion zu leben ist und dass sie ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft ist.

    Was bleibt ihnen am meisten in Erinnerung?

    Zusammen mit Schüler*innen der Gesamtschule hier vor Ort haben wir über 50 Geschäfte in Ennigerloh auf die Barrierefreiheit überprüft. Dabei haben die Schüler*innen gemeinsam mit einigen rollstuhlfahrenden Bewohner*innen des St. Marien am Voßbach, einer Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderungen in Ennigerloh, die Geschäftslokale besucht und auf Barrierefreiheit geprüft. Die Geschäfte haben dann eine Auszeichnung bekommen oder die Prüfgruppe gab Verbesserungsvorschläge. So fehlte in einer Bankfiliale hier im Ort zum Beispiel nur eine Klingel für Rollstuhlfahrer*innen. In einigen Supermärkten in Ennigerloh gibt es nun Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer. Diesen Einkaufswagen sollte es in jedem Geschäft geben!

    Einkaufwagen für Rollstuhlfahrer in Ennigerloh

    Was haben Sie während ihres Ehrenamts gelernt?

    Ich habe gelernt wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit ist. Inklusion darf und kann nicht im Versteckten stattfinden! Es ist wichtig viele Menschen aus unterschiedlichen Bereichen miteinzubeziehen, so entsteht ein tolles Miteinander und Veränderungen sind nachhaltig.

    Würden sie Anderen ein Ehrenamt empfehlen?

    Auf alle Fälle. Man bekommt so viel von den Menschen zurück. Diese sieben Jahre haben mein Leben deutlich bereichert. Ich glaube Ehrenamtliche nehmen eine sehr wichtige Rolle in unserer Gesellschaft ein. Mit ihrem Engagement und ihrer Begeisterung für ein Thema können Sie andere begeistern und Veränderungen anstoßen.

     

    Wir bedanken uns bei Marion Schmelter und wünschen Ihr für die Zukunft alles Gute!

    Text: Dein Rat zählt auf Instagram. Abgebildet ist zudem das Instagram Logo mit einem Kamera-Icon.

  2. „Wir benötigen eine gesunde Mischung an jüngeren und älteren Menschen, die sich aktiv für Inklusion einsetzen“

    Kommentare deaktiviert für „Wir benötigen eine gesunde Mischung an jüngeren und älteren Menschen, die sich aktiv für Inklusion einsetzen“

    Dieses Interview erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Düsseldorf geführt.

    Petra Nöhre engagiert sich für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen in Neuss. Sie ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Vertreterin der Menschen mit Behinderung beim Sozialverband VDK, Kreisverband Neuss. Zudem agiert sie als stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kreisgruppe Rhein-Kreis Neuss des Paritätischen.

    Petra Nöhre

    Das KSL Düsseldorf sprach mit ihr über den Runden Tisch zum Thema Inklusion in Neuss, ihren Wunsch einen Behindertenbeirat zu gründen und Themen, die sie aktuell beschäftigen.

    Frau Nöhre, stellen Sie sich bitte einmal vor.

    Ich bin 60 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt mit der Behinderung. Ich war eine der ersten, die in Deutschland die Peer-Counseling-Ausbildung absolviert hat. Das war 1997. Dann habe ich eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin absolviert, um anschließend im ambulant unterstützten Wohnen zu arbeiten. Diese Tätigkeit musste ich aber aus gesundheitlichen Gründen vor zehn Jahren aufgeben. Bereits in den 90er Jahren war ich im Wetteraukreis in Hessen behindertenpolitisch aktiv. Jetzt engagiere ich mich beim VDK in Neuss.

    In welchem Gremium engagieren Sie sich noch für Inklusion?

    Wir haben bei uns in Neuss den sogenannten Runden Tisch. Ich selbst bin bereits seit 15 Jahren Mitglied des Runden Tisches. Etwa 30 Personen gehören dem Runden Tisch an. Wir treffen uns leider nur zwei Mal im Jahr. Dem Runden Tisch gehören unter anderem der Geschäftsführer einer gemeinnützigen Werkstatt und der Geschäftsführer der Lebenshilfe Neuss an. Ich würde mir allerdings wünschen, dass beispielsweise der Sprecher vom Werkstattrat und ein Mitglied des Bewohnerrates zum Runden Tisch gehören, also die Betroffenen selber und nicht die Geschäftsführer. Schade finde ich auch, dass wir keine rechtsbindende Abstimmungsmöglichkeit haben und dass wir Maßnahmen somit nicht beschließen können.

    Gibt es Themen, die der Runde Tisch angeregt hat und die anschließend umgesetzt wurden?

    Das Thema Leichte Sprache wird sehr gut von der Verwaltung aufgenommen. Im Vorfeld der Kommunalwahlen hat die Stadt Neuss eine Broschüre zum Thema Wahlen in Leichter Sprache erstellt. Das fand ich sehr gut. Normalerweise gibt es sogar noch ein Seminar zum Thema Wahlen. Dieses Seminar findet im Ratssaal statt, was mir gut gefällt. Da wird auch erklärt, wie sich die Verwaltung zusammensetzt, was ich sehr hilfreich finde. Da ist die Stadt Neuss dank unseres Bürgermeisters sehr entgegenkommend. Es gibt auch Seminare extra für Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung oder für Menschen, die nicht so fit sind oder psychisch krank. Die Seminare sind Corona-bedingt dieses Jahr leider ausgefallen.

    Einen Behindertenbeirat gibt es bisher ja noch nicht…

    Ich würde mir wünschen, dass ein Behindertenbeirat gegründet wird. Dabei ist es mir besonders wichtig, dass die Mitglieder selbst betroffen sind, also Beeinträchtigungen haben. Ich würde wir wünschen, dass gerade Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung mehr zugetraut wird. Meines Erachtens hat man damit in vielen Gemeinden noch Probleme.

    Zudem würde ich mich auch über mehr Mitstreiter*innen und Aktive freuen, die sich für die Rechte und Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Wir haben hier in Neuss einen ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten. Gemeinsam mit einem Beirat könnte er mehr bewirken.

    Wenn es einen Behindertenbeirat geben würde, wäre das Thema Inklusion meiner Meinung nach auch stärker in den Medien vertreten. Das nehme ich zumindest beim Ausländerbeirat und dem Seniorenbeirat so wahr.

    Was sind Themen, die Sie beschäftigen? Was sollte sich ändern für Menschen mit Beeinträchtigungen in Neuss?

    Ein wichtiges Thema ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Ich bin sehr für eine autofreie Innenstadt. Autofreie Innenstädte kann man wesentlich barrierefreier gestalten als Innenstädte mit Autos. Ich möchte eine Innenstadt, die nicht von Autos, sondern von Menschen dominiert wird. Und zwar Menschen aller Schattierungen, mit und ohne Behinderung.

    Zudem wünsche ich mir Fahrradverleihe, wo es Räder für Menschen mit Beeinträchtigungen gibt, beispielsweise Dreiräder.

    Ein weiteres Thema, das mir am Herzen liegt, sind barrierefreie Arztpraxen. Ich möchte mir eine Arztpraxis nach Qualität und nicht nach Zugänglichkeit aussuchen.

    Dann würde mir sehr viel daran liegen, dass die inklusive Jugendarbeit weiter ausgebaut wird. Wir haben hier in Neuss nur ein Jugendzentrum, was wirklich Inklusion lebt. Dort gibt es zum Beispiel gemischte Theatergruppen. Wir hoffen, dass sich andere Einrichtungen ein bisschen von dem Jugendzentrum abgucken. So müssten die Jugendlichen nicht immer nach Neuss in die Innenstadt gehen, sondern könnten auch Angebote vor Ort, in den Stadtteilen, wahrnehmen.

    Auch im Sportbereich gibt es ja unheimlich viele Angebote. Aber das Leben besteht nicht nur aus Sport. Dass die Jugend beim Thema Inklusion noch mehr einbezogen wird, das wäre ein Wunsch von mir.

    Ein weiteres Anliegen von mir ist das Thema Digitalisierung. Durch Corona tut sich ja schon viel in dieser Hinsicht. Dennoch sollte die Digitalisierung noch mehr ausgebaut und vor allem auch barrierefrei gestaltet werden. Insbesondere im schulischen Bereich. Es gibt unheimlich tolle Tablets mit vielen nützlichen Funktionen. Aber das Kind mit einer sogenannten geistigen Behinderung steht dann außen vor, weil es dafür keine vernünftige Software gibt. Oder der Schulträger hat das Problem übersehen und für dieses Kind keine geeignete Software angeschafft.

    Was könnte helfen, um neue Aktive zu gewinnen, die sich in Neuss für das Thema Inklusion/für einen Beirat einsetzen?

    Über den Paritätischen sind wir ja gut vernetzt und können da einige Sachen einbringen. Wir benötigen aber auch eine gesunde Mischung an jüngeren und älteren Menschen, die sich aktiv für das Thema Inklusion einsetzen. Diese Leute müssen gegenseitig aufeinander zugehen. Und gemeinsam an einem Ziel arbeiten.

    Text: Dein Rat zählt auf Instagram. Abgebildet ist zudem das Instagram Logo mit einem Kamera-Icon.

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutz-Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen