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„Erst um halb 3 duschen dürfen. Wie fändest du das?“ – Anke Wortmann über ihren Weg zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe: im Privaten und in ihrer Stadt

Tag Archive: Kommunalwahlen

  1. „Erst um halb 3 duschen dürfen. Wie fändest du das?“ – Anke Wortmann über ihren Weg zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe: im Privaten und in ihrer Stadt

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    Dieses Interview erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom NetzwerkBüro Frauen und Mädchen mit Behinderung / chronischer Erkrankung geführt.

    „Du kannst sowieso nichts, du kommst doch eh nur in die Werkstatt“ – Das hat Anke Wortmann als Jugendliche oft gehört. Und gerade deswegen hat sie ihr Leben selbst in die Hand genommen. Und das Stadtleben in Hamm aktiv mitgestaltet. Seit fast 20 Jahren ist sie Vorstandsmitglied von der Lebenshilfe Hamm. Und sie hat sich vor ihrer Rente im Werkstattrat für die Beschäftigten eingesetzt. „Ich bin eine Kämpferin und ich kämpfe nicht nur für mich!“, betont Anke Wortmann. Für uns klingt das stark und mutig.

    Anke Wortmann blickt in die Kamera und lächelt.

    Anke Wortmann ist 54 Jahre alt und hat seit ihrer Geburt eine Spastik und Lernbehinderung. „Na und? Mein Glas ist immer halb voll“, sagt sie dazu. Woran sollte sie das auch hindern? Außer am Restaurant-Besuch vielleicht. Das liegt aber an den unnötigen Barrieren: „Erst heute wollte ich frühstücken gehen, kam aber nicht in das Café hinein. Da war ich sauer!“, sagt Anke Wortmann. Die meisten Geschäfte und Lokale haben immer noch eine Stufe am Eingang. Und oft keine Bereitschaft, das zu ändern. Mit Rollstuhl oder Gehstützen kommt Anke Wortmann da nicht weit.

    Missstände immer ansprechen und hartnäckig bleiben

    Ausflüge, Konzert-Besuche, alles kein Problem. Aber in der Ritterpassage endete mal ein Ausflug mit einem Sturz aus dem E-Rolli. Da trommelte sie kurzerhand Politiker*innen aus Hamm zusammen. „Damit die sich die Bordsteinkante mal selbst angucken“ sagt sie. Danach wurde der Bordstein endlich abgesenkt. „Manchmal muss man den Leuten so richtig auf den Sender gehen! Einmal nett fragen, reicht oft nicht aus“, findet Anke Wortmann.

    Blick auf die Ritterpassage.

    Hier in der Ritterpassage endete mal ein Ausflug von Anke Wortmann mit einem Sturz aus dem E-Rolli. Foto: Henrik Wiemer, Westfälischer Anzeiger

    Vielen Menschen mit Behinderungen fehlt der Mut, Wünsche zu äußern

    Bis ins Erwachsenenalter werden viele nicht ernst genommen: von ihren Pflegekräften, Ärzt*innen, Betreuer*innen, manchmal von den eigenen Eltern. Das kann am Selbst-Bewusstsein kratzen. Besonders den Frauen in ihrem Umfeld gibt Anke Wortmann den Ratschlag: „Ihr müsst dranbleiben!“ Wenn das Wünsche äußern allein nicht hilft, kann man neue Möglichkeiten suchen: Der Arbeitsplatz, die Wohngruppe, aber auch der Pflegedienst oder die Arztpraxis – all das können Menschen mit Behinderung wechseln. Denn niemand muss sich gegen den eigenen Willen erst nachmittags duschen lassen. Oder sich die Privatsphäre nehmen lassen.

    Ankes Turnschuhe

    Selbst bestimmen kann auch heißen, dass ich bei der Schuh-Bestellung die Farbe für meine orthopädischen Schuhe aussuche. Anke hat sich für rosa Leder und Sterne entschieden.

    „Ich hab‘ mir einen Betreuer gesucht. Der hat mir geholfen“, erzählt Anke Wortmann. Unterstützen kann auch eine Interessen-Vertretung. In der Lebenshilfe-Werkstatt gibt es mittlerweile eine Frauen-Beauftragte. Und zur Europa-Wahl regte Anke Wortmann eine Informations-Veranstaltung an. Alle Werkstatt-Beschäftigten kamen in den Zentralhallen zusammen. Dort konnten sie sich über die einzelnen Parteien informieren. Denn auch Menschen mit Behinderungen dürfen und können wählen! Und sie brauchen genauso Informationen über Partei-Programme.

    Jede hat ein Recht darauf, ernst genommen zu werden

    Wie können wir Menschen mit Behinderungen noch mehr beteiligen? Dazu sagt Anke Wortmann: „Viele Menschen können nicht richtig lesen. Sie brauchen Leichte Sprache und Bilder neben dem Text!“ Rückhalt und Respekt von den Mitbürger*innen kann auch nicht schaden. „Manchmal sagen mir Fremde: Toll, was Sie so schaffen!“ Auch das macht Mut, sich noch mehr zu trauen.

     

    Mehr Informationen zur Kampagne gibt es hier: www.deinratzaehlt.de

    Text: Dein Rat zählt auf Instagram. Abgebildet ist zudem das Instagram Logo mit einem Kamera-Icon.

  2. Der Behindertenbeirat Rheine stellt sich vor (Video)

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    Der Behindertenbeirat Rheine stellt sich und seine Arbeit in diesem Video vor: Wir wünschen viel Spaß beim Anschauen des Videos! Hier erfahren Sie noch mehr über den Behindertenbeirat Rheine.

    Haben Sie den Artikel über Claus Meier aus dem Behindertenbeirat Rheine schon gelesen? Hier geht’s zum Artikel!

    Sie möchten Ihren Beirat auch vorstellen? In Form eines Videos oder eines Interviews? Dann melden Sie sich bei uns per Email: info@deinratzaehlt.de, Telefon: 02 51 – 85 70 39 76 oder Whatsapp: 0152 – 34702007. Wir freuen uns auf Sie!

    Folgen Sie der Kampagne “DeinRatzählt” auch auf Instagram (dein_rat_zaehlt)! Dort freuen wir uns jederzeit über Ihre Kommentare und Nachrichten!

  3. „Ich mache den ersten Schritt“ Annette Runte über ihre Arbeit im Behindertenbeirat der Stadt Gütersloh

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    Dieses Interview erscheint im Rahmen der Kampagne „#DeinRatZaehlt!“ und wurde vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Detmold geführt.

     

    Annette Runte ist 51 Jahre alt und seit 30 Jahren schwerbehindert. Vor fünf Jahren setzte sie sich gemeinsam mit anderen Mitstreiter*innen erfolgreich für die Gründung eines Behindertenbeirats in ihrer Heimatstadt Gütersloh ein. Seitdem ist sie aktives Mitglied und gestaltet so die Politik vor Ort mit. Warum sie das macht, was sie motiviert und auch, was sie manchmal ärgert, hat sie uns in einem Gespräch erzählt.

    Porträtfoto von Annette Runte: Sie hat kurze, graue Haare trägt eine markante Brille mit schwarzem Rahmen und ein hellblaues Hemd mit Kragen und kleinen blauen Punkten. Ihr Blick ist offen, sie lächelt.

    “Ich mache den ersten Schritt, denn kaum einer holt Menschen mit Behinderung in die Politik oder andere Gremien. Selber muss man den ersten Schritt machen, auf die anderen zugehen und klar machen, dass man sich aktiv beteiligen will. Erst wenn man sich darüber bekannt gemacht hat, wird man vielleicht direkt angesprochen.” Foto: Westfalen-Blatt, Carsten Borgmeier

    Frau Runte, warum ist Ihnen Ihr Engagement im Behindertenbeirat der Stadt Gütersloh wichtig?

    Ich engagiere mich in unserem Behindertenbeirat, um meinen Wohnort für Menschen mit Behinderung lebenswerter zu machen. Ich will damit möglichst viele Entscheidungsträger für die Belange von Menschen mit Behinderung sensibilisieren und bei anstehenden Projekten darauf achten, dass so weit wie eben möglich Barrierefreiheit hergestellt wird.

    Wie sind Sie dazu gekommen im Beirat mitzuwirken? Gab es einen bestimmten Auslöser?

    Ich habe mich schon bevor es einen Behindertenbeirat vor Ort gab, mit Hinweisen an die Stadt gewandt, wo Barrierefreiheit hergestellt werden muss. Aber als einzelne Bürgerin hat das nicht so das Gewicht. Deshalb habe ich mit dafür gekämpft, dass ein Behindertenbeirat eingerichtet wird, um der Notwendigkeit nach Barrierefreiheit mehr Nachdruck zu verleihen.

    Welche Themen werden bei Ihnen im Behindertenbeirat schwerpunktmäßig bearbeitet?

    Oft geht es um Barrierefreiheit auf Straßen, Rad- und Fußwegen, bei Bushaltestellen und öffentlich zugänglichen Gebäuden. Es gehört aber auch die allgemeine Sensibilisierung aller Entscheidungsträger für die Belange von Menschen mit Behinderung und natürlich die Beratung von Menschen mit Behinderung dazu.

    Gibt es Erlebnisse, die Sie bei Ihrer politischen Arbeit besonders motiviert haben?

    Auf jeden Fall die offenen Türen der verschiedenen Fachbereiche der Stadtverwaltung. Dort haben sehr viele ein offenes Ohr für die Belange von Menschen mit Behinderung. Und auch die Erfahrung, dass das Fachwissen des Behindertenbeirates sehr geschätzt und oft von Verwaltungsseite angefordert wird.

    Gab es auch Momente, die schwierig waren?

    Ja, zum Beispiel wenn man für eine Ausschusssitzung nicht zugelassen wurde, weil man nicht fraktionskonform abstimmen konnte, da die Belange von Menschen mit Behinderung dem entgegenstanden. Oder wenn die Fraktionen sich in keiner Weise bemüht hat, die Menschen mit Behinderung in die Sitzungen einzubinden, weil es vielleicht für die Nichtbehinderten anders und umständlicher ist, als sonst.

    Inzwischen werden wir aber eher eingeladen als ausgeschlossen. Außerdem ist in der Satzung des Behindertenbeirates festgelegt, dass wir jederzeit Anträge stellen dürfen. Und die werden auch immer angenommen, sogar, wenn sie etwas spät eingehen. Viele Politiker sehen uns inzwischen als hilfreiche Ergänzung.

     

    Wie kann man sich aktuell in Gütersloh eigentlich als Mensch mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen politisch beteiligen?

    Das geht im Behindertenbeirat, den Parteien, als sachkundige*r Bürger*in, in Selbsthilfegruppen und Vereinen. Dazu besteht die Möglichkeit, Briefe an die Stadt zu schreiben, in denen man genau begründet, was verändert werden muss und möglichst schon die Lösung mitliefert. Den Behindertenbeirat gibt es seit 2015. Die anderen Möglichkeiten bestehen schon seit vielen Jahrzehnten. Mitglied in einer Partei, einem Gremium, Verein usw. werden, war noch nie das Problem. Aber die aktive Mitarbeit als Mensch mit Behinderung in den politischen Gremien ist heute noch schwierig und häufig nicht erwünscht.

    Wie zugänglich ist bei Ihnen die Arbeit in der Kommunalpolitik und speziell in Ihrem Beirat?

    Die Verwaltung ist immer sehr bemüht, barrierefreie Räume für Treffen und Sitzungen des Behindertenbeirats zu wählen. Sie gehen auf die Belange der einzelnen Mitglieder so gut wie möglich ein und sind gerne behilflich.

    Bei den einzelnen Parteien sieht es schwieriger aus. Die meisten Geschäftsstellen sind nicht barrierefrei. Wenn dann mal Anpassungen vorgenommen werden wie etwa die Bereitstellung einer Rampe oder eines Treppenlifts, werden immer noch nicht die Betroffenen gefragt. Die Ergebnisse sind oft nicht für alle geeignet. Die Bemühung, Menschen mit Behinderung zu inkludieren, sind hier oft nur Worte ohne echte Taten.

    Frau Runte sitzt in ihrem Rollstuhl neben einem Stadtbus und drückt gerade auf den Knopf, der die Türen öffnet.

    Der Behindertenbeirat arbeitet eng mit dem Fachbereich Stadtplanung und der Stadtbus GmbH zusammen, um den Busverkehr in Gütersloh so barrierefrei wie möglich auszubauen. Ergebnis bislang: Alle Stadtbusse sind Niederflurbusse mit Rampe. Die Neuanschaffungen haben eine zweite Stellfläche für Rollstuhlfahrer und eine weitere Stellfläche für Kinderwagen, damit die Stellfläche für Rollstuhlfahrer frei bleibt. Foto: Westfalen-Blatt, Carsten Borgmeier

     

    Frau Runte, angenommen, Sie hätten jetzt drei Wünsche frei, was würden Sie sich in Bezug auf ihre Kommune wünschen?

    Zunächst strengere Auflagen für Bauherren und Architekten für barrierefreies Planen und Bauen, damit mehr Wohnraum entsteht, der für Menschen mit Behinderung nicht nur auf dem Papier geeignet ist.

    Dann würde ich mir so viel Sensibilität bei den Entscheidungsträgern für die Belange von Menschen mit Behinderung wünschen, dass Barrierefreiheit selbstverständlich ist.

    Und als drittes sollten sämtliche Voraussetzungen geschaffen werden, damit ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben mit Behinderung in unserer Stadt möglich ist.

    Was denken Sie, könnte helfen, neue Aktive für die Arbeit im Behindertenbeirat zu gewinnen?

    Es könnte helfen, die Vorhaben und Erfolge der Beiratsarbeit transparent für alle Bürgerinnen und Bürger zu machen, damit sie sehen, dass es sich lohnt, aktiv mitzumachen. Dazu sollten einzelne Menschen, die sich engagieren wollen, darin bestärkt werden und die Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, wie sie aktiv werden können.

    Vor allem müssten aber auch die Politiker*innen immer mehr davon überzeugt werden, dass es für sie hilfreich ist, Menschen mit Behinderung aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen.

    Außerdem würde es helfen, wenn die Kommunen durch Digitalisierung mehr Barrierefreiheit bieten, wie zum Beispiel Ausschusssitzungen im Internet streamen oder Unterlagen digital und barrierefrei anbieten.

     

    Mehr Informationen zur Kampagne gibt es hier: www.deinratzaehlt.de

    Text: Dein Rat zählt auf Instagram. Abgebildet ist zudem das Instagram Logo mit einem Kamera-Icon.

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